21.06.23

Blog_Elisabeth

Bewährungsprobe in Schlat

Die Klimakrise verschont selbst kräftige, tief verwurzelte WiesenObst-Bäume nicht. Auch die Champagner Bratbirne leidet inzwischen sehr häufig unter der Bakterienkrankheit Feuerbrand, die Infektion führt allzu oft zum kompletten Verlust der Bäume. Auf die Initiative von Martin Kunz vom WiesenObst e.V.-Vorstand hat Jörg Geiger deshalb gemeinsam mit dem renommierten Obstbaumzüchter Dr. Walter Hartmann und Dr. Michael Neumüller vom Bayrischen Obstzentrum 2019 das Projekt „Elisabeth“ gestartet. Ziel ist es, die geschmackliche Qualität der Champagner Bratbirne weiter zu bewahren und durch die Züchtung gleichzeitig eine Anpassung an die Klimaveränderung und eine höhere Krankheitsresistenz zu erreichen.

Was bisher geschah: In mühevoller Kleinstarbeit hatte Walter Hartmann zunächst Pollen von ausgewählten „Vaterbäumen“ präpariert und die Blüten der „Mutterbäume“ von Hand bestäubt. Aus den Kernen der so entstandenen Früchte wurden im Obstbauzentrum bei Dr. Michael Neumüller Sämlinge gezogen.

Der Umzug: Die Sämlinge müssen sich bewähren, - nicht im Glashaus, sondern in ihrer zukünftigen Heimat in Schlat. Im März diesen Jahres war es so weit: 430 ein- und zweijährige Sämlinge, zwischen 40 und 80 Zentimeter hoch, wurden mit der Muttererde aus dem Topf im Abstand von einem Meter ausgepflanzt.

Vorbereitung vor Ort: Klima und Wetter kann man zwar nicht bestimmen, aber mit einer Bodenanalyse und einer entsprechenden Bodenvorbereitung lassen sich die Wachstumschancen der jungen Bäume deutlich verbessern. Der optimale pH-Wert des Bodens liegt bei 6,5. Rund um Schlat gibt es überwiegend mittelschwere, tonhaltige Lehmböden, die eine Sättigung mit 68Prozent Kalzium und 12 Prozent Magnesium haben sollten. Kalzium lockert den Boden, Magnesium ist wichtig für die Fähigkeit der Pflanze, Nährstoffe aufzunehmen. Genau wie Menschen brauchen auch Bodenlebewesen Luft, um existieren zu können. Deshalb wird in den Reihen, in welche die Bäume später gepflanzt werden, ein Untergrundlockerer eingesetzt. Dadurch kommt Sauerstoff in den Boden, den die Bakterien brauchen, um Mineralstoffe in tieferen Schichten zu lösen. Zudem können die Wurzeln der jungen Bäume jetzt ungehindert tief nach unten wachsen und das von den Mikroorganismen zur Verfügung gestellte Nahrungsangebot nutzen. Das Bett ist also gemacht, es fehlt sozusagen nur noch ein „Betthupferl“ auf dem Kissen: Entsprechend der Bodenanalyse erfolgt eine letzte Düngung, damit genügend Phosphor und Kalium zur Verfügung stehen.

Die nächste Phase: Trotz der sorgsamen Vorbereitung werden sich einige Bäumchen nicht etablieren können. Und die, die kräftige Wurzeln treiben und heranwachsen, werden dennoch sieben Jahre brauchen, bis sie die ersten Früchte tragen. Einmal im Jahr erfolgt ein Gesundheits- und WachstumscheckWie viel hat ein Baum in Höhe und Stammumfang zugelegt, welche Wuchseigenschaften hat er, wie steht es um die Resilienz? Um Standort und Bewirtschaftungsmaßnahmen wirklich vergleichen zu können, wurden in die Reihen einige Exemplare heute bewährter Sorten wie die Karcherbirne und die Grüne Jagdbirne zwischengepflanzt. Für die ersten Jahre bekommt jedes der zarten Bäumchen einen Haltestab, damit Bindearbeiten gut erledigt werden können. Ein Drahtrahmen richtet die Stäbe aus und gibt gleichzeitig die Möglichkeit, jedem Baum seinen eigenen QR-Code zuzuweisen. Damit ist er sofort identifizierbar und bietet auch im Feld Zugriff auf alle über die Zeit erhobenen Daten. Das Projekt wird von Hannes van der Meide betreut. Als Diplom-Biologe bringt er nicht nur die wissenschaftliche Arbeitsweise mit, sondern auch Leidenschaft für alte Apfel- und Birnensorten – beides zusammen ist unersetzlich wichtig bei der Suche nach der Weinbirne für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts.