Die Klimakrise verschont selbst kräftige, tief verwurzelte WiesenObst-Bäume
nicht. Auch die Champagner Bratbirne leidet inzwischen sehr häufig unter der
Bakterienkrankheit Feuerbrand, die Infektion führt allzu oft zum kompletten
Verlust der Bäume. Auf die Initiative von Martin Kunz vom WiesenObst e.V.-Vorstand
hat Jörg Geiger deshalb gemeinsam mit dem renommierten Obstbaumzüchter
Dr. Walter Hartmann und Dr. Michael Neumüller vom Bayrischen Obstzentrum
2019 das Projekt „Elisabeth“ gestartet. Ziel ist es, die geschmackliche
Qualität der Champagner Bratbirne weiter zu bewahren und durch die Züchtung
gleichzeitig eine Anpassung an die Klimaveränderung und eine höhere
Krankheitsresistenz zu erreichen.
Was bisher geschah: In mühevoller Kleinstarbeit hatte Walter Hartmann zunächst
Pollen von ausgewählten „Vaterbäumen“ präpariert und die Blüten der
„Mutterbäume“ von Hand bestäubt. Aus den Kernen der so entstandenen Früchte
wurden im Obstbauzentrum bei Dr. Michael Neumüller Sämlinge gezogen.
Der Umzug: Die Sämlinge müssen sich bewähren, - nicht im Glashaus, sondern
in ihrer zukünftigen Heimat in Schlat. Im März diesen Jahres war es so weit: 430
ein- und zweijährige Sämlinge, zwischen 40 und 80 Zentimeter hoch, wurden
mit der Muttererde aus dem Topf im Abstand von einem Meter ausgepflanzt.
Vorbereitung vor Ort: Klima und Wetter kann man zwar nicht bestimmen,
aber mit einer Bodenanalyse und einer entsprechenden Bodenvorbereitung lassen
sich die Wachstumschancen der jungen Bäume deutlich verbessern. Der
optimale pH-Wert des Bodens liegt bei 6,5. Rund um Schlat gibt es überwiegend
mittelschwere, tonhaltige Lehmböden, die eine Sättigung mit 68Prozent
Kalzium und 12 Prozent Magnesium haben sollten. Kalzium lockert den Boden,
Magnesium ist wichtig für die Fähigkeit der Pflanze, Nährstoffe aufzunehmen.
Genau wie Menschen brauchen auch Bodenlebewesen Luft, um existieren zu
können. Deshalb wird in den Reihen, in welche die Bäume später gepflanzt
werden, ein Untergrundlockerer eingesetzt. Dadurch kommt Sauerstoff in den
Boden, den die Bakterien brauchen, um Mineralstoffe in tieferen Schichten zu
lösen. Zudem können die Wurzeln der jungen Bäume jetzt ungehindert tief
nach unten wachsen und das von den Mikroorganismen zur Verfügung gestellte
Nahrungsangebot nutzen. Das Bett ist also gemacht, es fehlt sozusagen
nur noch ein „Betthupferl“ auf dem Kissen: Entsprechend der Bodenanalyse
erfolgt eine letzte Düngung, damit genügend Phosphor und Kalium zur Verfügung
stehen.
Die nächste Phase: Trotz der sorgsamen Vorbereitung werden sich einige
Bäumchen nicht etablieren können. Und die, die kräftige Wurzeln treiben und
heranwachsen, werden dennoch sieben Jahre brauchen, bis sie die ersten
Früchte tragen. Einmal im Jahr erfolgt ein Gesundheits- und Wachstumscheck: Wie viel hat ein Baum in Höhe und Stammumfang zugelegt, welche Wuchseigenschaften
hat er, wie steht es um die Resilienz? Um Standort und Bewirtschaftungsmaßnahmen
wirklich vergleichen zu können, wurden in die Reihen
einige Exemplare heute bewährter Sorten wie die Karcherbirne und die Grüne
Jagdbirne zwischengepflanzt. Für die ersten Jahre bekommt jedes der zarten
Bäumchen einen Haltestab, damit Bindearbeiten gut erledigt werden können.
Ein Drahtrahmen richtet die Stäbe aus und gibt gleichzeitig die Möglichkeit,
jedem Baum seinen eigenen QR-Code zuzuweisen. Damit ist er sofort identifizierbar
und bietet auch im Feld Zugriff auf alle über die Zeit erhobenen Daten.
Das Projekt wird von Hannes van der Meide betreut. Als Diplom-Biologe bringt
er nicht nur die wissenschaftliche Arbeitsweise mit, sondern auch Leidenschaft
für alte Apfel- und Birnensorten – beides zusammen ist unersetzlich wichtig
bei der Suche nach der Weinbirne für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts.