Was brachte uns zur heutigen Art von Landwirtschaft? Die Entwicklung begann vor mehr als 100 Jahren mit dem Haber-Bosch Verfahren in dem sich aus Stickstoff und Wasserstoff Ammoniak herstellen lässt, der Grundstoff für die Produktion von Sprengstoff und chemischem Dünger. Nach dem 2. Weltkrieg wurde von ersterem deutlich weniger gebraucht, weshalb weltweit die existierenden Anlagen zunehmend für die Herstellung von Kunstdünger genutzt wurden. Zusammen mit der Produktion synthetischer Pestizide war plötzlich eine "Grüne Revolution" möglich: Erträge ließen sich um ein Vielfaches steigern - zumindest für eine gewisse Zeit. Im Obstanbau veränderte der staatlich verordnete und geförderte "Generalobstbauplan" einen Großteil der Anbauflächen. Großkronige Bäume mit starkwachsenden Wurzelsystemen wurden gerodet, kleinwüchsige, einfacher zu bewirtschaftende Baumformen wurden angepflanzt. Mit weniger Blattmasse konnten mehr Früchte produziert werden was aber zu Lasten des Bodens und der Abwehrkraft der Pflanze ging. Wurden die Böden zwischen den Baumreihen anfangs noch mechanisch offen gehalten, kam ein weiterer Einschnitt mit der Einführung von Bodenherbiziden: sie vernichten zwar unerwünschten Bewuchs, aber für Bodenmikroben haben sie eine stoffwechselblockierende Wirkung.
Die Wende begann in den 70iger Jahren als biologische Landwirtschaft zur stärkeren Bewusstseinsbildung bei den Verbrauchern führte. Immer mehr Menschen wollten sich von Lebensmitteln ernähren die ohne Agrarchemie produziert wurden. Seit 2011 ist regenerative Landwirtschaft zum Begriff geworden: guter, fruchtbarer Boden steht im Zentrum und das wird zu einer weiteren Kurskorrektur führen.
Mit WiesenObst haben wir eine sehr extensive, naturnahe Anbauform. Uns geht es nicht darum, die Natur zu kontrollieren, sondern wir betreiben Landwirtschaft MIT der Natur. Jeglicher Eingriff in ein funktionierendes, überaus komplexes System wie die Interaktion zwischen Baum und Boden, Wurzeln und Bodenlebewesen will wohl überlegt sein. Aber in Bezug auf Bodenfruchtbarkeit und Bodenstruktur müssen wir handeln.
Immer öfter ist mir vor allem auf neu übernommenen Flächen aufgefallen, dass die extremeren Witterungsverhältnisse zu Staunässe bei Regen und extremer Trockenheit bei Hitzeperioden führen.
Ein guter Boden muss in Zukunft mit zu viel und zu wenig Wasser umgehen können: die Bodenstruktur muss so beschaffen sein, dass große Mengen Regenwasser in kurzer Zeit aufgenommen und langfristig gespeichert werden könne, so dass sie den Pflanzen später in Dürrephasen später zur Verfügung stehen.
Ein solcher Boden hat Struktur und eine gute Krume. Die "Spatendiagnose" zeigt jedoch häufig, dass die Unterkrume auf schlechten Wiesenstandorten bereits ab 10 bis 15 cm kompakt und wenig belebt ist. Ein solches Bodengefüge ist scharfkantig und glattflächig. Ich nehme an der Entnahmestelle gerne mein Messer und schneide immer wieder von oben nach unten ein. Dort wo der Verdichtungshorizont beginnt wird der höhere Widerstand deutlich in der Hand spürbar. Diese Schicht giblt es aufzubrechen. Nur wenige Pflanzen sind dazu selbst in der Lage, deshalb planen wir auf den verdichteten Wiesen mit einem Untergrundlockerer vorsichtig knapp unterhalb des Verdichtungshorizont anzusetzen und den Boden aufzubrechen.
Bodenverdichtung entsteht nicht nur durch mechanische Belastung wenn immer größere Maschinen oft auf zu nassen Böden eingesetzt werden. In der Natur kommt es dazu auch ohne menschliches Eingreifen, z.B. wenn bei starken Regenfällen ganz feine Lehmpartikel eingeschwemmt werden die sich dann über die Zeit zu einer festen Schicht verdichten. Daraus resultierte auch die Erfindung des Pfluges, mit dessen Hilfe der Boden wieder gelockert werden kann. Im Getreideanbau werden große, moderne Tiefenpflüge eingesetzt, die den Boden nicht nur lockern sondern dabei auch wenden - die unteren Bodenschichten werden nach oben befördert, die obere Humusschicht nach unten.
Dies ist aus heutiger Sicht und aus der Perspektive der regenerativen Landwirtschaft jedoch die falsche Herangehensweise. Der Boden soll in seiner Schichtung erhalten bleiben. Sobald der Boden genügend abgetrocknet ist und das Bodenleben an Fahrt aufgenommen hat, werden wir mit einem Untergrundlockerer langsam den Boden anheben und zum Reißen bringe. In diese Risse können die Pflanzenwurzeln leichter einwachsen und den Boden stabilisieren. Das Ziel ist bereits nach einem Jahr einen Boden mit Krümelstruktur entlang den Pflanzenwurzeln zu erreichen. Bodenlebewesen und Mykhorrizennetzwerke werden bei dieser Methode geschont - Regenwürmer (siehe Artikel vom Schädling zum Nützling) können ihre Arbeit weitgehend ungestört fortsetzen.
Alle Lebensprozesse, auch die im Boden brauchen Wasser und Luft. Die Krümelstruktur ist in der Funktion ähnlich wie die Poren eines Schwamms die mit Luft gefüllt sein können und auch in der Lage sind, große Mengen Wasser zu speichern. Es sind die Grundvoraussetzungen für das Gedeihen von baumwurzeln, Mykorrhizen und Bodenlebewesen, und je besser ihr Zusammenspiel ist, desto besser ist das Ergebnis für alle. Wir der Boden angehoben, wird ebenso Sauerstoff in den Boden eingezogen und der beim absenken des Bodens in den Feinrisse verbleibt, die den Pflanzenwurzeln die Möglichkeit geben schnell in diese Risse einzuwachsen. Leguminosen nutzen die Luft im Boden um mittels der Knötchenbakterien an den Wurzeln Stickstoff zu fixieren.
Am Untergrundlockerer angebrachte Spritzdüsen für biodynamische Präparat, wie Hornmist oder effektive Mikroorganismen können für einen zusätzlichen Impuls genutzt werden.
Landwirte werden zunehmend in die Verantwortung genommen nicht nur hochwertige Nahrungsmittel herzustellen, wirkliche "Mittel zum leben", sondern ihnen obliegt auch die Verantwortung die Bedingungen zu schaffen, dass solche Lebens-Mittel auch in Zukunft noch angebaut werden können. Unsere Böden und die "Herden" der darin lebenden Bodenlebewesen zu pflegen ist Voraussetzung und eine unserer wichtigsten Augaben.